Evangelische Volksschule Werder
Der Lehrer war, wie überall, wenn man das Schulwesen im 18.- bis in das 19. Jahrhundert betrachtet, in erster Linie ein Diener der Kirche und nur im Nebenamt Lehrer. Man sollte annehmen, daß der Schulvorstand, oder gar Schulpatron ein „Vater und Schutzherr“ sich besonders väterlich um die Schule gesorgt hätte.
So ist zu verstehen, daß sich kaum für die Entwicklung der Schule, den steten Schulbesuch der Kinder, oder die pünktliche Zahlung des Schulgeldes und nicht zuletzt einen freundlichen Schulraum, nur zaghaft durchgeführt wurden.
Wo es dann auch noch eine nur kleine Lehrerwohnung gab, haben sich kaum Lehrer beworben.
Ein derzeitiger Pastor stellte den Lehrplan auf, dem Lehrer blieb wenig Gestaltungsraum. Sein nächster Vorgesetzter war der Ortspfarrer.
Hier in Werder wurde die Kapellengemeinde nach der Reformation (1517) zuerst bis 1542 von Bockenem aus verwaltet, Bockenem ist damals die Hauptkirche aller Gemeinden im Ambergau gewesen, danach war es für Werder die Pfarre aus Schlewecke in der unsere Kapellengemeinde seit 1573 als Filiale der Kirchengemeinde Schlewecke auf Ewigkeit verbunden ist.
In Werder gab es allerdings einen Kapellen u. Schulvorstand der sich in Aufstellung eines Lehrplans und Lehrmittel wie es aus den Schriften zu entnehmen ist, auch bei der Bewerbung eines Lehrers, natürlich mit ausschlaggebender Zustimmung des Pfarrers als Vorsitzender entscheiden konnten.
Dem Konsistorium blieb aber die letzte Entscheidung vorbehalten.
Und wie schon zu allen Zeiten, mußte sich des öfteren mit der Besoldung eines Lehrers auseinandergesetzt werden.




Die Kapellengemeinde ist als Filiale der Kirche zu Schlewecke mit 1/3 an den Baukosten beteiligt, in einem Protokoll erbittet der Kapellenvorstand nähere Ausführungen .


Lehrpläne die mir aus dem 19.Jah. und unter anderem ein paar Bilder füge ich in dem Bericht über die Ev. Volksschule mit ein. Mir ging es in diesem Beitrag anfangs mehr um das Gebäude, denn bei der Befragung älterer Einwohner im Ort kannte niemand von ihnen das Jahr der Erbauung, des noch recht jung aussehenden, aus Ziegelstein erbauten ehemaligen Schulgebäudes sagen. In dem gut geführten Archiv der Stadt Bockenem wurde ich dann fündig und so kamen noch einige ältere Schriftstücke für uns, die derzeitigen Einwohner in Werder, wohl auch zum ersten Mal lesbar über ein Leben als Lehrer in der kleinen Dorfschule Werder zum Vorschein. Für die Übersetzung aus der Sütterlin-Schrift habe ich mir Hilfe eingeholt, zum Teil mußten wir passen, gaben aber nicht auf, weil wir glaubten, später rührt niemand mehr darin rum.- In dieser Schrift stellten die Dokumente uns oft vor ein Problem.
Solche Urkunden- Schriften sind beim übersetzen oft zum Problem geworden !


Es erliest sich aus alten Beschreibungen der Schulhäuser, faßt alle hatten ein Nebengebäude als Viehstall oder einen Boden, (Speicher) die Lehrer betrieben faßt alle noch Ackerbau u. eine kleine Viehhaltung nebenbei.
Diese alten Schulhäuser wurden meist gegen 1850 aufgegeben und auch auf das letzte Dorf wurden wissenschaftlich vorgebildete Lehrer gesetzt.
Als in Hary 1861 das heute als Kindergarten genutzte Schulhaus erbaut wurde, hat die Gemeinde Werder die alte Fachwerkschule hier im Ort aufbauen lassen. Die alte Schule hat auf Grund, wo sich die Fahrzeugbox der FFW Werder heute befindet, gestanden.
Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß bis zur Erbauung 1896 der neuen Schule, die heute als Dorfgemeinschaftshaus den Einwohnern aus Werder dient, sie auch auf kirchlichen Grund gestanden hat.
Wie aus den folgenden Berichten hervorgeht, war der Lehrer bei seiner Bewerbung um die Lehrerstelle immer verpflichtende Kirchendienste mit eingegangen.

Foto: (ca 1965) Die neue Schule in direkter Nachbarschaft der Kapelle,unterichtet wurde in ihr bis 1962 /-auf dem vorderen Garten stand 1848 noch das Brinksitzer-Haus Nr.18 / Größe 5 Rut. von Heinrich Stolte.

Anfangs gab es für den Lehrer neben freier Wohnung, ein Fuder Holz und 20 Brote. Zu seiner Beköstigung wird anfänglich Haus bei Haus gegangen sein. Das nannte man Umgang.
Ähnlich lagen die Verhältnisse in Werder, das 1863 nur 3 Ackerhöfe hatte, die rein vom Ackerbau lebten.
1864 wurde das Einkommen endlich auf 140 Tlr. erhöht, davon zahlten Gemeindekasse und Staat je 10 Tlr. zu.
Ablösung
Als die jährlichen Verpflichtungen der Bürger von Naturalien und Dienstleistungen-Entgeld an die Kapelle und den Dienstherrn (Lehnsherrn) abgelößt werden konnten, wurde eine Zinsabführung aus dem Betrag, zur Absicherung für Schule und Lehrerbesoldung eingeführt.
In der Liste Naturalien und Entgeld : Sonstige Baare Einkünfte, erscheint unter 2.) Capitalien, Legaten, Vermächtnissen: Zinsen aus dem Bodenburger Ablösung-Kapitals 51,51 M





Diese Preisliste in Naturalien und Entgeld haben nicht alle Einwohner gerne anerkannt.


In dem Protokoll 1880-1881 heißt es unter Angabe über die Schulstelle: Das Schulhaus ist neu angebaut im Jahre 1877 und 1878, mag sein, daß das von der gemeinde Hary auch noch zu klein gewesen ist.
Denn im Unteren Protokoll 1886 -1887 sind 44 Kinder aus Werder schulpflichtig gewesen.
Bewerbungszeugnisse waren für die Neueinstellung notwendig





Auch einige Pastoren (Hochwürden) hielten sich in dieser Zeit noch Vieh und betrieben ein wenig Ackerbau.
Sie hatten oft eine große Familie zu ernähren, und das Dienstpersonal welches für die Haus und Gartenarbeit nebst der Versorgung des Vieh zuständig war, saß auch mit an dem Tisch.
Fotos
links: auf dem Pfarrhof in Schlewecke, den auch für Werder zuständigen Pfarrer mit seiner Familie, dem Dienstmädchen (mit dem Kind auf dem Arm) Else Kelpe aus Werder (später verh. Linde) , zwei fetten Schlachteschweinen und zwei Ziegen die für Milch u. Butter- Herstellung gehalten wurden.
rechts: die vielen Helfer bei der Hausschlachtung an der ehm. Pfarrscheune


Derzeitiger Vorsitzender des Schulvorstands




Der Lehrerwechsel bewirke offensichtlich eine Leistungssteigerung bei den Kindern und trug zur besseren Benotung bei.





links: In dem Bericht unter Punkt C. c. Beschäftigungen in den Freizeiten:
Einige Eltern der Schulkinder haben beim Schulvorstand einen Antrag auf Verschiebung der Ferienzeit gestellt:
Man möge die Sommerferien eine Woche verkürzen und an die Herbstferien hängen, da die Kinder bei der Kartoffel u. Rübenernte mithelfen müßten, und die Aussaat der Rüben war Wetter bedingt oft eine Arbeitsspitze bei der Frühjahrsbestellung wo jede Hand, auch die der Kinder zu damaliger Zeit in der Landwirtschaft gebraucht wurde.
Nun hat sich ein Lehrer aus Leiferde bemüht, eine Maschine zum legen der Rübenkerne zu entwickeln um die Schulkinder von der Feldarbeit zu entlasten. Denn von der Feld u. Hausarbeit übermüdete Schulkinder konnten sich weniger auf den Unterricht konzentrieren, oder schliefen in dem beheizten Klassenraum ein.

Foto: 1926 – Diese, noch schulpflichtigen Kinder Pflücken mit ihren Müttern Erbsen in Mahlum, die in der Bockenemer Konservenfabrik verarbeitet wurden.
Betrachtet man dagegen alte Klassenaufnahmen, machen die Kinder hier bei der Feldarbeit fröhlichere Gesichter.
Denn Zucht und Gehorsamkeit in der Schule, zu damaliger Zeit angeordnet von der Aufsichtsbehörde der Schulen, beaufsichtigt vom zuständigen Pastor, dem wurde nicht selten durch Stockschläge vom Lehrer Nachdruck verliehen.
Der Anfang soll gemacht werden !










Lehrer Steinmetz 1902 vor der neuen Schule.
Da bisher der Hermann Uhde auf der Gefallenentafel am Ehrenmal bei den von mir befragten älteren Einwohnern aus Werder als ein ehm. Mühlenbesitzer hier in Werder galt, was dem auch entsprach, war ich bei der Übersetzung aus dem „Sütterlin“ überrascht, daß ein Hermann Uhde auch als Lehrer für kurze Zeit in Werder tätig war.


Lehrer Hermann Uhde mußte Soldat werden, kam dann nicht wieder!

Der Gemeinderat Werder bemüht sich um eine neue jüngere Handarbeitslehrerin !




Aus diesen Schriftstücken konnte das Baujahr der „Alten- Schule“-nun Dorfgemeinschaftshaus ermittelt werden:
Der Auftrag zum Neubau einer Schule wurde von der Königlichen Regierung erteilt !



Wie aus dem Bericht hervorgeht mußte für den Schulneubau vom Hofgrundstück Jordan, jetzt Thielke etwas Terrain ( Grund u. Boden) überlassen werden. Die untere Dorfzeichnung vermittelt auch noch die Lage der älteren Schule und ihrer Größe mit der Bezeichnung- ah- und wo jetzt das Dorfgemeinschaftshaus steht, befand sich die Hofausfahrt vom damaligem Grundstück -d- Jordan (Thielke) :-Die Kapelle hat die Bezeichnung -ai-. Die Dorfstraße ist mit Nr.189 und das oben erwähnte Haus vom Brinksitzer Stolte mit -r- (wo in etwa jetzt die Bushaltestelle sich befindet). Von der Straße (189 A) Ordnungsnummer) abweichend, hinter dem Grundstück ehm. Stolte weiterführend verlief der damalige Rottebach, wieder zurückführend auf die Dorfstraße (189 ct). Der Kartenausschnitt ist von 1848 von der damals durchgeführten Flurneuordnung in Werder, die auch den Ort betraf. Der Rottebach bildete zuvor den größeren Teil der Dorfstraße bis an die Schlewecker Grenze in die Nette.
Flurkartenausschnitt von 1848


In diesem Protokoll sind die Maße des Klassenraum, wie sie bis zum Umbau zur Fahrzeugbox waren angegeben.- Ausreichend für die damalige Schülerzahl in Werder.


Finanzielle Schwierigkeiten hatten die Gemeinden schon damals!


Die Kinder mit dem Lehrer haben sich rausgeputzt, mit zwei Fahnen im Hintergrund,- vielleicht ein Klassenfoto bei der Einweihung der Neuen Schule? -Das Gedenkblatt gab es zur Erinnerung an die Schulzeit.


Diese Zeichnungen betreffen die Lehrerwohnung !


Seit 1896 hat Werder in der Kuhle nun eine neue Schule !
Aus dieser Bauzeichnung erkennt man, daß eine Veränderung an der Lehrerwohnung durch einen Erker vorgenommen werden sollte, jedoch nicht vollzogen ist.
Dann kamen für die Schulen in Deutschland große Veränderungen!
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ändert sich die Ausrichtung der Schulen in Deutschland und auch in Werder, die „Partei „soll über die Erziehung der Heranwachsenden bestimmen.


Ein Neuer Dienstherr kündigte sich an, um die Lehrer in die von Ihm gewünschte Richtung zu bewegen !



Nachträglicher Bericht über die Schule in Werder :
Der an mich von mir gestellte Auftrag über das Jahr der Erbauung der alten evangelischen Schule und jetzige Dorfgemeinschaftshaus ist in diesem Bericht nun festgestellt.- Denn wie oben schon kurz erwähnt, von mir befragte älterer Einwohner aus Werder die hier geboren waren und auch eingeschult wurden, hatte zuvor keine Kenntnis darüber. Darauf hin machte ich mich auf die Suche, es war naheliegend sich an unser gut geführtes Archiv in Bockenem zu wenden, dies erwies sich als der richtige Weg, denn zu meiner Freude waren von Werder Protokollführungen über die Unterrichtung, Bewerbungen, Zeugnissen, Vorstandssitzungen und Zustand der Schule in losen Blättern unter einigen hinterlegten Schriftstücken über Werder vorhanden:-Nun sollte dieser Bericht durch Fotos, Urkunden, Karten und einigen Kommentaren das Interesse an die Schulzeit unserer Vorfahren wecken, dem Leser über den Schulalltag unserer Voreltern einen Einblick verschaffen. – Es würde den Rahmen für diesen Bericht sprengen hätte ich alle vorhandenen Schriften hiermit eingebunden, aber sie sind aus dem „Sütterlin“ mit großer Hilfeleistung von Frau Bini Rohde und Herrn Rudolf Bruer übersetzt und hinterlegt.- Die hier zum Schluß gezeigten fünf Bilder stammen aus einen „Unter dem Fußboden- Fund“, handeln aus den 30gern, 2021 sind bei Reparaturarbeiten an der Heizung im D.G.H. unter dem Holz-Fußboden Unmengen aufgetaucht.-Der damalige Lehrer fühlte sich als Parteimitglied der NSDAP dem „Lehrerbund“verpflichtet und nicht bekannte Personen versteckten sie vor dem „Sieger“ unter dem Fußboden der Lehrerwohnung: -Nach längerem drängeln von mir habe ich sie nach einiger Zeit dann erhalten und dem Leiter des Archivs übergeben.- Einige Funde nicht der Öffentlichkeit darzustellen ergibt sich von selbst.-In dem Text unten rechts des damaligen Beschlusses vom Bürgermeister Sattler bekannt gemacht, handelt es sich um eine damals öffentliche Person, wobei keine andere hier bekannten Person im Text erwähnt wird. Diese Entscheidung des F. Sattler ergab sich aus der Folge des einsetzenden Flüchtlingsstrom, aus den, durch den Krieg verloren gegangenen Gebieten.- Welch eine Entscheidungskraft für ein Parteimitglied als Bürgermeister,-! Denn die für solche Dinge zuständige Aufsichtsbehörde, genehmigte erst 42 Tage später den Entscheid des damaligen Bürgermeister.- Wie sensibel damit umgegangen werden muß zeigte mir folgende Tatsache ! – Ein Großkind von mir besichtigte 2023 das Europäische Museum in Brüssel, bei mir ging auf WhatsApp mit Foto plötzlich folgende Nachricht ein:-„Wie kommt der Parteiausweis des Lehrer ——aus Werder hier ins Museum“,- der Ortsname war deutlich zu lesen. Frage von mir an die Archivare in Bockenem,-habt ihr… und so…und so…. nein haben wir nicht, ist glaubhaft.- Habe im Anschluß sofort eine Tochter vom besagten Lehrer angerufen:- Große Aufregung in deren Familie.-Möglichkeit: In der Gefangenschaft nach dem 2ten Weltkrieg wurde der Ausweis abgenommen ! Nach der Anfrage im Museum war Klarheit geschaffen, sie hatten den Parteiausweis auf einem Flohmarkt in Hamburg gekauft.-und sie hätten Interesse an den Funden. Was hier im Archiv nicht sinnvoll zum Behalt erschien, wurde der Familie zurück gegeben. -Alle können damit in Frieden leben, so die Antwort der Angehörigen !
Da der letzte Abschnitt aus den 30gern absolut nichts mit der Nachsuche des Baujahrs der Schule zu tun hat, hielt ich es jedoch für eine Notwendigkeit, die Einwohner von Werder über die dunkelste Zeit in unserer Geschichte, die auch hier im Ort zugegen war noch einmal kurz in Erinnerung bringen.
Bernd Meier
(Ortschronist) in Werder
Quellen: Archiv Bockenem
Übersetzung-Bini Rohde, Rudolf u. Bernd Meier
Kartenausschnitt- Amt für Agrarstruktur Hannover
Fotos- Eigene Sammlung und aus „Zuckerrübe“
Aus NS-Zeit- Unterboden-Fund im DGH Werder
Berichte von zwei Schülern über die Flucht aus ihrer Heimat nach Werder.
Bei dem Klassentreffen 1997 von vielen Anwesenden ehemaligen Schüler der ehm. Volksschule Werder hat mein Bruder mit volgendem Schreiben an seine damaligen Mittschüler geworben: Für unsere Nachgeborenen sollten sie Einblicke in eine vergangene Zeit geben die immer weniger vorstellbar ist, und nun hat uns und unsern Nachgeborenen erneut eine Fluchtbewegung erreicht.
- Fluchtbericht von Giesela Schmerling





2. Fluchtbericht von Eckehard Rohde


Eckhard Rohde beschreibt seinen Schulweg.



